8. Juli 2008

in der weißen villa

wir sind ja umgezogen in die villa blanka, eine managementschule, unter anderem auch für disziplinen wie kochen, servieren. unsere "homebase" ist der grillhof, kooperationspartner der peace studies.
im grillhof werden wir sagenhaft durchgefüttert, ein riesen frühstücksbuffet von hoher qualität, täglich mit ei, schinken, latella, 2 weiteren saftsorten, obst, kunstdosenobst, müslis, zusatzmüslikörndln, 4 verschiedenen frische marmeladen, nutella. ein mittagessen mit 3 gängen, wobei der schlagobersgehalt in der suppe schon für 2 tage sättigt. die fleischhauptspeise, stets mit gemüse und einer kohlenhydrat-beilage, die vegetarische speise bestehend aus diversen sorten typischen tiroler käses, darunter oder drumherum jeweils wechselnde zutaten, auch sehr kohlehydratlastig. "holzhackerkost" würden die leute in großarl, heimatort meiner familie väterlicherseits, sagen. der nachtisch elegant wienerisch oder italienisch, diverse kuchen, cremen, krapferl mit berdimensionalen schlagobershäubchen und schokoflocken oder farblich geschmacksanregenden soßen verziert. alles serviert auf bodenständig alpenrosa tischdecken, passend zum außenverputz des grillhofseminarhotels.

luxus zimmer mit teppichboden und tiroler nationalliteratur. die andreas hofer geschichte zum quadrat plus anleitungen wie außenstehende das erstrebenswerte tirolerInnentum verstehen annehmen und erlernen können. die meist atemberaubenden klassenzimmer mit der weiten glasperspektive auf die schroffen nordkettenfelsen, grüne bergwiesen und die wolken im tal, unsere wäsche wird gewaschen und zusammengelegt, wir haben einen eigenen raum für die gruppe, internetzugang rund um die uhr und wireless lan überall wo ich mir es vorstellen kann.

die lage des grillhofs, erhöht über den wolken die morgendlich im tal hängen, umgeben von wäldern mit kleinen felslichtungen, einem nahen badeteich, dem kleinen örtchen vill, wo der bus in der stadt wegfährt, einen garten vor den speisesaalfenstern, der zu verrückten spielen und lesen auf parkbänken, nett angelegten "wackel"steinen und gartenliegen, gemütlichen leserunden im gras einlädt...

und wenns ein problem gibt, sei es technischer medizinischer oder haushälterischer natur, hilft franz, umsorgender grillhofmanager und tiroler landesregierungsmitarbeiter höchstpersönlich.
vergessen hab ich noch den fitnessraum mit den infrarotkabinen zu dessen benutzung wir unter der straffen peace studies pausenstruktur wir zeitlich kaum in der lage sind.

aus diesen verwöhnenden luxusgefielden sind wir am samstag ausgezogen, um hier in der villa blanka ein neues quartier zu finden. die enttäuschung bei den meisten gruppenmitgliedern ist groß. keine spur von alpenländisch- anheimelnder einrichtung, stattdessen ein neubau, große fensterflächen, die räume größer als notwendig, weiße tische, weiße tischtücher, weiße servietten, starr zu modernen gebilden gefaltet, aluminiumbalkongeländer, in den zimmern neonnachttischlampen. wireless lan funkioniert nicht, es gibt nur einen computerraum, und das größte thema, das uns hier begleitet: das essen. die schülerInnen der villa sind auf schweinefleisch spezialisiert. wir bekommen aufgrund der unterschiedlichen kulturkreise und essgewohnheiten und möglicher schweinefleischablehnung die ganze woche vegetarische kost. von musterschülerhafter menuzusammenstellung ist dabei wenig zu merken. gebackene schwammerl, gnoggi, kartoffelgulasch, bärlauchsuppe, gemüselaibchen in unterschiedlichen formen, gebackener tiroler käse natürlich, vegetarische kost wie von fleischköchInnen gekocht, die, ein alternativen suchend, die gleichen zutaten bei der nächsten mahlzeit in anderer form oder panier ver"backt" wiederservieren. besonders kreativ die nachspeisen, pudding diverser geschmacks- und farbrichtungen mit viel gelatine in immer dieselbe form gegossen, einem zylinder, serviert in wackelnder schwabbelnder konsistenz mit einer kleinen frucht - jeden tag eine andere - und einer dekorativen jedoch weniger geschmackvollen soßenverzierung.
dazu kommt dass schülerInnen fürs servieren und kochen zeit brauchen, die mahlzeiten dauern also, besonders die zeit des wartens zwischen den gängen, denn die menge des essens ist nicht sooo viel....

ein großes thema. ich mag die villa! durch die langen essenszeiten ergeben sich gute gespräche, durch den fernen computerraum verbringe ich mehr zeit mit den leuten und mit nachdenken über passiertes, wir sind in fussnähe zum zentrum, ich habe mir eine neue elektrische zahnbürste und endlich wieder eine zeitung gekauft. die zimmer sind groß, die gänge weitläufig. suche ich eine person, treffe ich auf dem weg 3 andere, gehe zwischendurch in andere zimmer, auf die dachterrasse, zur bar, zum getränkeautomaten (alles minutenweit voneinander entfernt..), ein klavier gibt es, auf dem joshi, der im lastwagen lebende nomade (keine ahnung ob er sich als solcher sieht) und ich schon die 2 einzigen 4 händigen stücke die wir beherrschen rauf und runter gespielt haben. für mich kann das gebäude den prozess des gegenseitigen kennen lernens und zusammenwachsens in der gruppe nicht aufhalten, im gegenteil, ich finde ortsveränderungen hilfreich, um gruppenprozesse zu bewegen, zu verändern...

das lustige ist, dass wir nun in der riesengroßen villa einen minikleinen computerraum gefunden haben in dem sich internetfreaks, skyper- und bloggerinnen zusammenfinden, auch leute, die gar nicht internetten sondern einfach lesen, drängen sich dazu, unser italienisch spanischer palestinensischer mitstudent spielt immer wieder sein lieblingslied bella ciao von dem der unzählinge versionen auf seinem computer gespeichert hat. ja lustig. ich geh jetzt wieder ins große zimmer, freu mich auf die lektüre der papers und des standards der mich hoffentlich über das innenpolitische chaos aufs laufende bringen wird...

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